Unsere Zweite: Deutlicher Sieg bei Lasker Ein Bericht von Frank Lobbes

Unsere Gastgeber zum zweiten Spieltag in der SVM Verbandsliga Nord, KSK Dr. Lasker 3, luden diesmal in das Tersteegen-Haus in Köln-Lindenthal ein. Der größte der Kölner Stadtbezirke zeichnet sich durch die typische Mischung aus Wohn- und Gastronomie-Kultur aus, an diesem Sonntag Vormittag recht sonnig, entspannt und komplett zugeparkt. Das Spiellokal befindet sich in einem evangelischen Gemeindezentrum, bei dem der Beginn des Wettkampfs durch fröhlichen Kinderlärm einer gerade zu Ende gegangenen Veranstaltung untermalt wurde. Es wurde mit Wohlgemut hingenommen und verebbte nach einer halben Stunde.

Begleitet von dieser kindlichen Akustik, die niemanden ernsthaft beeinträchtigte, wurde an den acht Brettern eröffnet. Während wir von Position eins bis sieben mit unseren Stammspielern antreten konnten und Mannschaftsführer Christian Eberl das achte Brett übernahm, fehlten bei Lasker 3 etliche der nominell gesetzten Spieler. Trotzdem waren an jeweils vier Brettern die Heimmannschaft, an den anderen vier Brettern wir etwas DWZ-stärker.

Es war bald Ruhe eingekehrt, was auch die Eröffnungswahl an den Tischen recht treffend beschreibt. Christian Heckötter spielte an Brett eins gegen einen holländisch anmutenden Aufbau von Boris Pericic. Andreas Dreiocker, zweites Brett, hatte mit Schwarz gegen Christoph Pragua ein Damengambit, ebenso Stefan Gutt am dritten Brett, wo er Eckart Janknecht gegenüber saß. Bei Roman Tövs entstand ein Damenbauernspiel bzw. ein Aufbau von Weiß mit zwei fianchettierten Läufern. Oswald Gutt beschrieb seine Eröffnung gegen Ralf Ledbetter als Englisch mit Übergang ins Königsindische. Englisch war auch die Wahl von Hans Joachim Plitzner gegen mich an Brett sechs und von Wolfgang Preiß am siebten Brett mit Martin-Lorenz Werthmann. Bei dieser Auswahl der Eröffnungen ist die Schottische Partie am achten Brett zwischen Christian Eberl mit Schwarz gegen Georg Nogaj fast exotisch.

Am schnellsten wurde es bei Oswald am Brett heiß, da Eckart Janknecht einen unangenehmen Bauern auf e3 platzieren konnte und der Rückzug von Oswalds Verteidigern auf die Grundreihe schon anrüchig erschien. Aber er hatte, so gefährlich es auch erschien, die Situation im Griff und lockte mit seiner Taktik die schwarzen Angreifer, namentlich Läufer und Springer am Königsflügel, auf gefährliche Felder.

Kurz nach zwölf kam dann der Doppelschlag. Überraschenderweise war es an Brett sechs, wo ich nicht die Absicht hatte, eine Eröffnungsfalle zu stellen. Schachfreund Plitzner hatte bei der Wahl, seinen Läufer, den ich mit meiner Dame angegriffen hatte, für seine Dame das falsche Feld gewählt. Mit einem vorwitzigen Bauernvorstoß im neunten Zug war der Verlust des Offiziers unvermeidbar, was schon einen Zug später die Partie zu meinen Gunsten beendete und Führung für unsere Zweite brachte.

Keine Minute später gab auch Ralf Ledbetter auf, da sein Angriff von Oswald nicht nur souverän abgefangen, sondern ebenfalls ein Läufer plötzlich von den weißen Zentrumsbauern eingesammelt wurde. Zwei frühe und wegweisende Punktgewinne durch die beiden früheren Vorsitzenden der Bergischen Schachfreunde.

 

 

Die nächste Stunde brachte zwei Remisen hervor, erst zwischen unserem Kapitän Christian Eberl und Georg Nogaj, dann am zweiten Brett mit Andreas Dreiocker und Christoph Pragua. Unsere beiden Spieler hatten mit den schwarzen Figuren nach ihrem Empfinden die etwas schlechtere Bauernstruktur bei gleichem Material. Angesichts unserer Führung sehr hilfreiche halbe Punkte.

Nach knapp zwei Stunden wurde noch an vier Brettern gekämpft. Christian Heckötter hatte am Königsflügel einen Angriff gestartet, der den im Zentrum verbliebenen schwarzen König ins Visier nahm und den eigenen Damenflügel blockieren lies. Stefan am dritten Brett spielte sicher und solide. Ein wenig Drama stand ihm und uns noch bevor, dazu später. Bei Roman wurde die Remisbreite kaum verlassen, auch wenn sein Gegenüber Simon Martin zwischenzeitlich die Oberhand zu gewinnen schien.

Und Wolfgang Preiß an Brett sieben? Da stand erst einmal ein Minusbauer zu Buche, aber Wolfgang macht „Wolfgang-Dinge“, wie es Christian Eberl treffend ausdrückte, und irgendwie hatte er kurz darauf eine Qualität für den Bauern gewonnen. Bei der verrammelten Stellung, so gestehe ich, war ich einer qualifizierten Einschätzung nicht befähigt. Eben „Wolfgang-Dinge“.

Es war um halb drei nachmittags, als Stefan und Wolfgang auf eine unangenehme Zeitnot hinsteuerten. Das Unbehagen war vor allem auf meiner Seite, da ich als Wettkampfleiter fungierte und hoffte, nicht eingreifen zu müssen. Vor allem bei Stefan, der durch bemerkenswertes Zusammenspiel seiner Dame und Türme im Schwerfiguren-Endspiel entscheidenden Vorteil erlangt hatte, rieselten die Sekunden unbarmherzig herunter wie in einer Sanduhr, die der Sensenmann in seinen knochigen Händen hält. Leider verpasste Stefan den Gewinnplan, zog aber selbst die Reißleine des Remisangebots. Eckart Janknecht nahm das Angebot an, wohl auch, weil Stefan jederzeit Dauerschach geben konnte. Jetzt fehlte ein halber Punkt zum Mannschafts-Unentschieden und einer zum ersten Sieg in der Verbandsliga.

Christian Heckötter hatte seinen Angriff, der am Königsflügel begonnen hatte, mittlerweile über das Zentrum bis zum Damenflügel weiter getrieben. Die Widerstandskraft von Boris Pericic verdient den höchsten Respekt, in dieser Phase fand er die zum Teil schwer zu entdeckenden, einzigen Verteidigungszüge. Roman hatte ein studienartiges Endspiel Turm gegen Turm mit einem freien a-Bauern gegen 3 zu 2 Bauern am Königsflügel für Martin Simon erreicht. Wolfgang arbeitete sich an der Blockadestellung von Schachfreund Werthmann ab.

Die Entscheidung fiel, was das innere Empfinden anging, um zwanzig nach drei, als Christian Heckötter mit einer erzwungenen Abwicklung in ein Endspiel mit Turm, Springer und Mehrbauer gegen einen tapferen Turm von Boris Pericic überleitete. Roman Tövs, der zwischenzeitlich ein Remisangebot abgelehnt hatte, gab sich einem beidseitig hervorragend geführten Endspiel erst mit Remis einverstanden, als sich nur noch die beiden Könige gegenüber standen. Und Wolfgang Preiß macht nun einmal „Wolfgang-Dinge“, wie wir heute gelernt haben. Er setzte auf den langen Diagonalen von a1/a2 nach h8/g8 Matt, was ich bedauerlicherweise nicht mit eigenen Augen beobachten konnte.

Dann gratulierte zuletzt und nach vorbildlichem Kampf für seine Mannschaft Boris Pericic unserem Christian Heckötter zum Gewinn. Christian zeigte sich nachher in bester Laune und berichtete, dass selbst die kleinen Fallen und Gegenangriffe ihn nicht in Bedrängnis haben bringen können.

Wir, unsere Zweite, haben einen ersten, wichtigen Schritt in Richtung Klassenerhalt gemacht. So deutlich das Ergebnis am Ende war, so schwer werden die nächsten Aufgaben. Mit Bayer Leverkusen 1 erwarten wir am 2. November eines von drei Teams, das die ersten beiden Spieltage siegreich gestalten konnte. Doch als nominell DWZ-schwächste Mannschaft der Liga haben wir bestimmt weniger Angst zu gewinnen als die anderen zu verlieren. Oder?