Noch beflügelt vom Erfolg der letzten Saison, dem überraschenden Aufstieg in die SVM Verbandsliga Nord, konnten wir fast in Bestbesetzung die Schachfreunde vom SK Köln Südwest 1 begrüßen. Uns fehlte Andreas Dreiocker am zweiten Brett. An den Brettern sechs und sieben nahmen unsere Stammersatzspieler Andreas Winckler und Teamchef Christian Eberl Platz. Großer Dank an Volker Bosbach, der kurzfristig an Brett acht für Detlef Krämer einspringen konnte.
Wir sind in der Liga zwar nominell die Mannschaft mit dem niedrigsten DWZ-Schnitt, aber dieser erste Spieltag zeigt deutlich, dass unser Ziel – Klassenerhalt – absolut möglich ist. Es lief gut an, die Sonne schien nicht nur über dem Spiellokal, sondern an einem Brett auch besonders hell für uns – doch von Beginn an:
Nach einer kleinen Verspätung gab der Wettkampfleiter Jakub Praszczalek die Bretter frei. Wie zu erwarten verlief die Eröffnungsphase an den meisten Brettern in eröffnungstheoretischen Bahnen und weitgehend ausgeglichen. Christian Heckötter an Brett eins baute sich gegen Linus Thys mit dem Holländischen Stonewall auf und Stefan Gutt am zweiten Brett hatte eine Damenbauerneröffnung, die ans Katalanische erinnerte, gegen den Wettkampfleiter Jakub. Roman Tövs, diese Saison an Brett drei gesetzt, spielte mit Schwarz gegen Michael Mosblech die Zugfolge 1.Sc3 d5 2. e4 d4. Unser starker Neuzugang aus der ersten Mannschaft, Ehrenmitglied Oswald Gutt, hatte mit Martin Bigott einen in Bergisch Gladbach gut bekannten und gern gesehen Gast als Kontrahenten und mit Benoni auf den 64 Feldern eine seriöse Variante. Das fünfte Brett sah mich, Frank Lobbes, dem etwas stärkeren Philipp Witte gegenüber, gegen den ich die Pirc-Verteidigung wählte. Andreas Winckler eröffnete gegen Ralf Janssen mit 1.b4, Sokolskis Eröffnung, die wegen der Legende der Entstehung auch Orang-Utan-Verteidigung genannt wird. Am siebten Brett erwehrte sich Christian Eberl der Italienischen Verteidigung von Hubert Zimmermann und das Damengambit zwischen unserem Volker Bosbach und Claus von Lucke lies einen sicheren Beginn beider Spieler erwarten.
Pünktlich um 12 Uhr einigten sich Oswald Gutt und Martin Bigott auf Punkteteilung. In bekannter Stellung hoben sich die gegenseitigen Chancen auf. Zu diesem Zeitpunkt konnten wir schon optimistisch über die Bretter schauen. Stefan Gutt zog beharrlich ein Druckspiel auf, das ihm letzte Saison tolle Erfolgen eingebracht hatte. Am siebten Brett schob Christian Eberl seine Damenbauern vor, ohne dass für Weiß ein entsprechendes Gegenspiel zu sehen war. Dagegen hatte ich am fünften Brett bereits nach elf Zügen einen Bauern geben müssen, erhoffte mit aber Kompensation durch die Öffnung der c- und b-Linie gegen den lang rochierten weißen König.
Eine Viertelstunde nach dem ersten halben Punkt folgten in schneller Folge zwei Remis durch Andreas Winckler und Roman Tövs, berechtigt in jeweils ausgeglichenen Stellungen.
Dann dauerte es bis 20 vor zwei bis zur nächsten entschiedenen Partie, und hier war das Glück ganz auf unserer Seite. Ich hatte, nachdem alle Leichtfiguren getauscht waren, beide Türme und meine Dame vor den Verteidigungsbauern in Stellung gebracht, was außerordentlich gefährlich aussah. Die Computeranalyse zeigte mir Stunden später zuhause, dass Philipp Witte bei präziser Verteidigung die Stellung halten und in ein vorteilhaftes Endspiel hätte einleiten können.
Doch ein einziger Fehler Philipps ermöglichte ein Turmopfer mit Matt in vier Zügen und die glückliche Führung für unsere Zweite. Dass mich der liebe Oswald Gutt danach als „bekloppten Hund“ bezeichnete nehme ich als Kompliment aus berufenem Munde mit.
Etwa eine halbe Stunde später erwies sich die Stellung an Brett eins als so ausgeglichen, dass der Remisschluss logisch, wenn auch für unseren Christian Heckötter nicht befriedigend war. Stefan Gutt rückte derweil chancenreich mit seinen Zentrumsbauern vor, während an sieben und acht Christian Eberl und Volker Bosbach vor recht kniffligen Aufgaben standen. Aufgeben war leider auch das, was Christian nicht erspart blieb und somit Hubert Zimmermann für Südwest den Ausgleich schaffte.
Vielleicht hatte einige Zeit später Volker am achten Brett sogar leichten Vorteil in einem Endspiel mit gleichfarbigen Läufern, nur dass Claus von Lucke ein gefährliches Gegenmanöver in der Hinterhand hatte, hätte Volker zu ambitioniert auf Gewinn gespielt. Unentschieden auch hier die logische Folge.
Damit hatten wir Stefan Gutt die Bürde aufgetragen, das Ergebnis des Wettkampf in seinen Händen zu tragen. Dramatisch, ja fast tragisch trug sich bei beidseitiger Zeitnot das Geschehen zu. Jeweils nur Sekunden in den letzten zehn Zügen vor der Zeitkontrolle überlebten beide nur durch die 30 Sekunden Inkrement pro Zug.
Ausgerechnet bei der vielleicht schwersten Entscheidung wurde Stefan durch eine bedauerliche, unbedachte akustische Störung in der Konzentration gestört. Das Blatt wendete sich, die Druckstellung und der mögliche Bauerndurchbruch verpufften und sein junger, 14-jähriger Kontrahent behielt eiskalt die Nerven und drehte das Blatt. Den Schluss spielte Stefan mit größtem Kämpferherz, versuchte selbst mit einer Qualität weniger, im Endspiel mit Läufer gegen Turm bei gleicher Bauernzahl der Mannschaft das Unentschieden zu retten. Doch auch das dickste Herzblut kann die Logik eines verlorenen Endspiels nicht überwinden, und so streckte er nach bewundernswertem Widerstand seinem Gegenüber die Hand zur Gratulation.
Unsere Gratulation an Köln Südwest 1 zum Gewinn des Mannschaftskampfs!
Eine denkbar knappe Niederlage zum Auftakt für unsere Zweite, mit glücklicher Führung und unglücklichem Ende. Es zeigt es uns die Härte, die der Kampf um den Klassenerhalt mit sich bringt. Nur ein halber Punkt hat uns heute gefehlt, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit Herz, Konzentration und bestmöglicher Besetzung die nötigen Punkte für unser Ziel, den Klassenerhalt, holen werden.