Unsere Gastgeber SV Grünfeld 1 haben sich Anfang der 2000er gegründet und nach dem österreichischen Schachgroßmeister Ernst (eigentlich Ernest) Franz Grünfeld benannt, der als Vater der beliebten Grünfeld-Verteidigung gelten darf (Quellen: Wikipedia, Matthias Georg Deutsch). Diese Eröffnung kam in unserem Wettkampf allerdings nicht auf das Brett, und die Felder blieben traditionell Weiß und Schwarz, bzw. auf edlem Holz hell- und dunkelbraun.
Nachgehend betrachtet gingen wir als leichter Favorit in unseren sechsten Wettkampf in der Bezirksliga, an allen Brettern mit leichtem bis mittlerem Plus an DWZ-Zahl. Dass wir am fünften Spieltag aber trotz fast durchgehend niedrigerer DWZ gewonnen hatten zeigt, dass am Brett eine gute Vorbereitung, Konzentration und Kampfgeist das Ergebnis bestimmen.
Der Anfang sah an allen Brettern seriös aus. Christian Heckötter an eins sah sich dem holländischen Stonewall von Mark-Nils Niederreuther gegenüber, Andreas Dreiocker am zweiten Spitzenbrett wählte mit Schwarz ein Damengambit mit frühem c7-c5 gegen Sascha Freckmann. Stefan Gutt gegen Veselin Kozhuharov und Wolfgang Preiß gegen Matthias Georg Deutsch (Bretter drei und vier) standen solide, während Frank Lobbes im geschlossenen Sizilianer gegen Jan Karpe auf taktische Scharmützel zusteuerte. Am sechsten Brett konnte Wolfgang Krug gegen Ivan Koric mit Schwarz ebenfalls in einer sizilianischen Nebenvariante früh leichten Vorteil erreichen. Thomas Kremer sah sich an Brett sieben einem abtauschfreudigen Mathias Schneider gegenüber und Teamchef Christian Eberl brachte sich gegen Nikolaus Pauseback bald in aussichtsreiche Position.
Bis zu den ersten zählbaren Ergebnissen dauerte es knapp zwei Stunden. Zuerst nahm Euer Berichterstatter Frank das Remisangebot von Jan Karpe an. Gegen zwei unangenehme Zentrumsbauern hatte Jan mächtig Druck ausgeübt und drohte einen Qualitätsgewinn mit sehr unklaren Verwicklungen. Tatsächlich war die Stellung am Ende laut Fritz17 fast ausgeglichen – typisch Computer.
Kurz danach folgte ein Unentschieden am siebten Brett. Mathias Schneider hatte gegen Thomas Kremer alles getauscht, was nach Holz aussah. Auch das Spitzenbrett endete mit einer Punkteteilung, da Mark-Nils Niederreuther den einzigen Angriffspunkt in seiner Verteidigung massiv überdeckte. Ähnlich, aber etwas glücklicher gab es Remis am vierten Brett, wo der Grünfelder Matthias Georg Deutsch in ein vorteilhaftes Endspiel hätte abwickeln können, jedoch Remis anbot. Nach genauer Prüfung nahm Wolgang Preiß an. Respekt hier für Matthias, der nach mehreren Schichten in einem sozialen Beruf ohne Schlaf angetreten war und sich ein wenig grämte, als er die Partie nach Beendigung in sein Handy eingab: „Ich stand 1,5 besser!“
Die Serie der Unentschieden konnte Wolfgang Krug beenden – und damit auch seine längere Zeit ohne Sieg für die Mannschaft. Seine leicht vorteilhafte Stellung verführte seinen Gegenüber zu einem vermeintlichen Scheinopfer, das sich nach einem Zwischenzug mit Angriff auf die Dame als glatter Figurenverlust erwies. Wolfgang spielte die restlichen Züge fehlerfrei, und Ivan Koric blieb nur die faire Gratulation.
Brett zwei war knifflig, Andreas Dreiocker sah sich nach einer Ungenauigkeit in der Eröffnung stark unter Druck. Dagegen hatten Stefan Gutt am dritten und Christian Eberl am achten Brett die aussichtsreicheren Positionen aufbauen können. Alle sechs Spieler an den verbliebenen Brettern kämpften um den besten Zug, den kleinen Raumvorteil oder den vielleicht entscheidenden Bauerngewinn.
Zuerst, und wohl die Entscheidung im Mannschaftskampf, schaffte es Andreas am zweiten Spitzenbrett, seine gedrückte Abwehr zu konsolidieren. Sein Remisangebot in einer Stellung, in der Weiß keinen Weg fand, seinen früheren Vorteil wieder zu erlangen, nahm Sascha Freckmann nach langem Überlegen an. Nach der Analyse stellte Andreas fest: „Ich kann mit dem Remis zufrieden sein“, was Sascha freundschaftlich beantwortete mit: „Ich demnach wohl nicht.“
Christian Eberl hatte nach gutem Spiel zwar dauerhaft leichten Vorteil gehabt, doch als die Damen sich vom Brett verabschiedeten, war im Gewinnsinne nicht mehr viel drin. Mannschaftstaktisch klug hatte er das Remis von Andreas abgewartet, um dann selbst Nikolaus Pauseback die Punkteteilung anzubieten. Dieser war nach dem Verlauf der Partie persönlich vielleicht recht glücklich, aber ein Blick auf das letzte Brett, an dem noch gespielt wurde, hätte ihn vielleicht zum Weiterspielen bewogen.
Denn unser Ehrenmitglied Stefan Gutt hatte alles im Griff und in einem Endspiel mit Turm, Springer und den sogenannten ‚andersfarbigen‘ Läufern den entscheidenden Bauerngewinn vor Augen. Hier gebührt allerdings Veselin Kozhuharov ganz großer Respekt, dass er mit einem listigen Scheinopfer, dem ein Spieß folgte, in ein Endspiel mit Turm gegen Turm und eben diesen ungleichfarbigen Läufern eine Remisstellung erzwingen konnte.
So stehen am Ende sieben berechtigte (!) Unentschieden im Tableau und ein ganz, ganz wichtiger Gewinn unseres MVP, most valuable player Wolfgang Krug.
Ein großes Danke an unsere Gastgeber vom SV Grünfeld 1 für einen absolut fairen, freundschaftlichen Wettkampf!
Die Tabelle sieht unsere Zweite auf dem vierten Platz, nur zwei Punkte hinter Platz eins. Der siebte Spieltag beschert uns KSK Dr. Lasker 3 als willkommene Gäste, die nominell stärkste Mannschaft der Liga. Wenn uns wieder ein Husarenstück gelingt, haben wir richtig gute Chancen auf einen Aufstiegsplatz.